Preußisches Bleisatz-Magazin
Vom Kommenden

Morgen ist ein vorentscheidender Tag 4.576 views 4

Sowohl den gestrigen, als auch den heutigen Tag habe ich mit diversen Untersuchungen in der Uniklinik verbracht. Durch die langen An- und Rückfahrten bin ich praktisch von 9 Uhr am Morgen bis zum Nachmittag unterwegs und muß mich zweimal der Länge nach durch Düsseldorfs Staus quälen. Nicht zu ändern. Mittlerweile stört es mich kaum noch.

Gestern haben sie ein CT von meinem Thorax und Bauch gemacht, nachdem ich zuvor ein Kontrastmittel gespritzt bekam. Heute wurde dann ein Szintigramm meines Skeletts erstellt. Dazu bekam ich ein radioaktives Zeugs gespritzt, mußte zwei Stunden warten und kam dann in eine Art mannsgroßen Scanner. Die radioaktive Substanz setzt sich in den Knochen fest. In Tumoren dichter als im gesunden Knochen. Beide Untersuchungen dienen dazu, festzustellen, ob mein Primärer Lebertumor, HCC — was für ein Scheißwort für ein Scheißding — Metastasen gebildet hat. Falls ja, gibt es keine Operation, aber «Palliativ-Maßnahmen». Was bedeutet, daß sie Dir das Sterben so leicht machen werden, wie es nur geht. Die Ergebnisse der Untersuchungen erfahre ich morgen um 11:10 Uhr.

Diese Untersuchungen sind schmerzlos, technisch, nüchtern. Eigenartig fand ich, daß dieser Scanner heute in einem großen Durchgangsraum stand, in dem sich während der ca. 1,5 Stunden meiner Untersuchung um die zehn Leute aufhielten bzw. durchgingen. «Legen Sie die Gürtelschnalle ab.» Herzchen, das ist keine Gürtelschnalle, sondern ein Koppelschloß. Denn ich trage Koppel zur Arbeitshose, keine Gürtel. Es ist etwas umständlich, daß vom Koppel abzunehmen, also sagt sie mir «Ziehen Sie die Hose aus.». — «Ehm. Jetzt? Hier?» Ich bin wirklich nicht prüde oder zimperlich, finde es nur verwunderlich. Kenne es sonst nur so, daß man eine Intimsphäre versucht zu wahren und sei es mit einem Paravent. Ich beginne also zu singen «Hey, big spender…», wirbel meine Jeans um einen Knöchel und laß ein wenig von meinem schwarzen Götzburg-Minislip sehen. Mir soll’s recht sein.

Was mir Sorgen macht, ist mein Allgemeinzustand. Der hat sich in den letzten drei Wochen eindeutig verschlechtert. Der Weg vom Haupteigang der Uni bis zur MNR-Klinik beträgt vielleicht 500 m. Nach der Hälfte des Weges bekomme ich Herzschmerzen. Ich muß mich zwei Minuten auf eine Bank setzen, dann geht es wieder. Normal ist das nicht. Eine der Schwestern heute meinte, ich sähe gelb aus im Gesicht. Ich sag‘ «Nee, das ist braun. Im Sommer bin ich immer sofort braun.» — «Nein, Sie sind gelb im Gesicht.» Ob’s losgeht und meine Leber nicht mehr richtig arbeitet? Das würde auch diese ständige Müdigkeit erklären. Ich bin nicht müde wie ein Gesunder. Ich bin so müde, daß mir am Schreibtisch die Augen zufallen und ich einschlafe. Mitten am Tag. Naja, aber davon bekomme ich keine Herzschmerzen. Ich glaube, einer oder mehrere von den Stents in meinen Herzarterien haben sich zugesetzt. Ist immerhin schon zwei Jahre her, daß ich die Dinger eingesetzt bekam. Das muß ich unbedingt abklären, falls die Ergebnisse morgen in meinem Sinne positiv sind.

Ich bin zwiegespalten. Einerseits kann ich mir nicht vorstellen, daß ich Metastasen habe. (Aber ich hatte mir auch nicht vorstellen können, einen 17 cm x 15 cm x 12 cm großen Tumor in der Leber zu haben). Andererseits würde es mich nicht überraschen, wenn mir genau das morgen mitgeteilt würde. Was ich dann mache? Ja, was soll ich dann machen, bitte? Ich habe über so etwas nie nachgedacht und sollte auch heute nicht damit beginnen.

Mal sehen, wie die Überschrift morgen aussieht.

Ach ja, hey: Danke für’s Lesen. Ich weiß nicht, wieso und warum. Aber ich weiß, daß mir das Schreiben hierüber etwas bringt und auch die Tatsache, daß meine Texte gelesen werden.

  1. Kommentar by Lutz — 21. Juni 2010 @ 22:22

    Dann drück ich mal die Daumen !

    Lutz

  2. Kommentar by Lara — 21. Juni 2010 @ 22:27

    Ich glaube an gute Nachrichten morgen.
    Das Ding muss endlich raus.
    11:10 lasse ich hier alle Gewichte fallen,
    für die nächste halbe Stunde.

  3. Kommentar by floppy — 22. Juni 2010 @ 00:39

    Also Georgy, mach mir keinen Scheiss, Ich will hier nur gute Nachrichten von Dir lesen. Ich drücke Dir gaaaaaaaaaaaaaanz fest die Daumen und bin in Gedanken bei Dir. Das mit Deiner Müdigkeit kann ich gut nachempfinden, mir geht es im Mom net viel anders – ich bin abends nur noch stehend ko, sobald ich mich hinsetze, bin ich auch schon eingeschlafen, würde also sagen, das ist normal.
    Deine floppy – Dich mal ganz vorsichtig knuddel 🙂 (K)

  4. Kommentar by Janet — 26. Juni 2010 @ 12:33

    Georg die Symptome sind alle ganz normal. Müdigkeit so bleiern wie Du sie beschreibst, Nachtschweiss, komischer Geruch, Uebelkeit, Bauchdrücken, Kurzatmigkeit, gelbbraun im Gesicht das gehört alles zum HCC. Man reisst sich wie immer eine Zeilang zusammen aber plötzlich geht das nicht mehr. Keine Angst, Deine Leber wird das durchhalten, aber bis zur Genesung wirst Du das einfach so zu spüren bekommen.Sparflammenbetrieb! Akzeptiere das ohne Angst zu haben.

RSS feed for comments on this post. TrackBack URL