Preußisches Bleisatz-Magazin
Vom Kommenden

Der liebe Gott vergißt seinen Preußen nicht 2.442 views 8

Ganzkörperskelettszintigraphie:
Kein sicherer Anhalt für ossäre Metastasen.
Mehranreicherungen wahrscheinlich aufgrund posttraumatischer Genese. Ansonsten alters- und konstitutionsbedingter Verschleiß an den kleinen Wirbelgelenken.

Radiologischer Befund Thorax/Abdomen:
Kein Nachweis tumorsuspekter Rundherde
Keine Plauraergüsse
Keine pathologisch vergrößerten axillären oder mediastinalen Lymphknoten
Regelrechte Kontrastierung der großen arteriellen und venösen Gefäße

Segmente I—III der Leber tumorfrei.

Keine Metastasen. Operation wird zur Terminabsprache freigegeben.

Wie fühle ich mich?
Wie damals im Juni 1972, kurz vor meinem 17. Geburtstag. Meine damalige erste feste Freundin war über Nacht auf Besuch. Was meine Eltern erst am nächsten Morgen erfuhren. Weil ich eine Dachmansarde mit eigenem Eingang mein eigen nannte. Wir spielten «Hurrah, schon wieder Erster». Die ganze Nacht hindurch. Die ersten Male gewann ich. Locker. Danach nur noch sie. Nicht schlimm. Ich hab’s immer so gern gespielt. Wir hörten «Yoo Doo Right» von der deutschen Gruppe «Can» Wir rauchten Haschisch und liebten einander mit Haut und Haaren, krochen umeinander, aufeinander, ineinander. Das war die unbeschwerteste Zeit meines Lebens. Genau so habe ich mich gefühlt, als ich nach dem Bescheid dieser Diagnose die MNR-Klinik verließ und durch die Sonne blinzelnd nach Hause ging.

Nein, ich habe keine Angst vor der kommenden Operation, in der sie mir die Segmente IV-VIII, auch rechter Leberlappen genannt und wohl um die 2,5 kg schwer, herausnehmen. Ich bin jetzt bestens vorbereitet. Jetzt kommt noch eine Herzuntersuchung. Aber im ärgsten Fall blasen sie mir die Herzarterien wieder auf, falls die sich in den letzten zwei Jahren zugesetzt haben. Was soll’s?

Und wenn ich diese ganze Scheiße hinter mir habe, werde ich hübsch demütig auf dem Teppich bleiben, aber wieder zu der Unbeschwertheit zurückfinden (wollen), die ich mit 17 Jahren hatte. Nun gut: Haschisch werde ich keins mehr rauchen. Das habe ich hinter mir. Will alles pur und klar erleben, das Gute wie das Schlechte. Ohne den Kopf in eine Wattewolke zu packen. Und «Hurrah, schon wieder Erster» spielen? Naja, vielleicht eine Parodie davon 😉 Aber «Can» werde ich wohl immer hören. Ich werde mich nie mehr unnötig über irgendetwas ärgern, werde niemals mehr unzufrieden sein mit meinem Leben. Oder so. Joh. Der Weg ist das Ziel — sagen wir es so.

So. Und nun müßt Ihr alle, liebe Leserinnen, mit mir gemeinsam Yoo Doo Right anschauen und anhören. Georgie rockt! Let the good times roll…

  1. Kommentar by Thomas Kersting — 22. Juni 2010 @ 18:47

    Phantastisch! Herzlichen Glückwunsch zum 17., alter Angeber.
    Das ist die beste Nachricht, die ich seit Wochen höre. Ist zwar 60 km von hier entfernt, aber große Klasse.
    OP wird auch klappen und dann haben Sie eben ein paar Kilo abgenommen. Ist auch nicht schlecht für’s Herz und die Gelenke.
    Wünsche weiterhin alles Gute.
    Thomas Kersting

  2. Kommentar by Lara — 22. Juni 2010 @ 19:35

    Haha! Yes! 🙂

  3. Kommentar by floppy — 22. Juni 2010 @ 20:26

    Huhu Sir George, hab grad mal Riesenluftsprung gemacht und bin wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Wie haben WIR das wieder gemacht 😛 Also hat das Daumendrücken und Knuddeln doch geholfen. Hab Dir doch gesagt, wer sich anfängt sich selbst leid zu tun, hat aufgegeben – und Du hast Dir diese Einstellung angenommen. Die OP wirste auch noch schaffen, das Schlimmste – die psychische Belastung der letzten Wochen – haste erst einmal überstanden. Nun noch schnell auf einen OP-Termin drängen und dann geht es aufwärts. Oh menno, freu ich mich für Dich. Dann können wir ja noch längere Zeit gemeinsam in den Kampf ziehen (das Schwäne füttern verschieben wir noch ein paar Jährchen, die sind dann auch noch da :P).
    q Herrn Kersting: was unser Preusse nun abnehmen wird, hat er sich ganz schnell wieder angefuttert, so wie ich ihn einschätze 😛
    In diesem Sinne lieber Georg schicke ich Dir ganz liebe Grüße aus Bärlin
    Deine Floppy (K) 🙂

    PS: wie ist Dein Tipp für morgen ? Ich sage, wir fliegen raus 😛

  4. Kommentar by Elke Bauer — 22. Juni 2010 @ 21:28

    Lieber Georg, ich habe Deinen Thread im Krebskompass verfolgt (mittlerweile als stiller Leser dort) und mit dir gebangt, gezittert, gehofft und oft an Dich gedacht. Um so mehr freue ich mich heute, wie Du uns in Deiner „fluppigen“ Art die geilen (sorry!) News mitteilst. Ich hab echt grad ein paar Freudentränchen verdrückt. Ich freu mich so für Dich uns wünsche Dir alles erdenklich Gute für die bevorstehende OP. DU PACKST DAS!!!!!
    Ganz lieber Drücker
    Elke

  5. Kommentar by Thomas Kersting — 22. Juni 2010 @ 23:57

    @ O nöh Floppy!
    Werde morgen Abend zum Rhein radeln und bei einer sog. „öffentlichen Totenschau“ (public viewing) den Sieg der „Teutschen“ anschauen!
    Viele Grüße!

  6. Kommentar by MZS — 23. Juni 2010 @ 00:10

    Ich schließe mich den Glückwünschen von Herzen an. Kein Tag vergeht, an dem meine Druckerei mich nicht an den Preußen erinnert in seinem seligmachenden Amte als Bleisatz- und Druckereimöbellieferant.

  7. Kommentar by thomas gravemaker — 23. Juni 2010 @ 21:41

    Good news Georg, keep going!

  8. Kommentar by Janet — 26. Juni 2010 @ 12:26

    Das ist für Deine Situation ein spektakulkär guter Befund und der Einstieg in eine sicher erfolgreiche OP. Ich freu mich sehr für Dich! Keine Angst- Augen zu und durch!

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